Technische Heeresausrüstungen |
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(Artikel Juni 1914) |
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Georg Schaller errichtete im Jahre
1825 in Wien (Leopoldstadt Nr. 426) eine kleine Werkstätte, welche
ausschliesslich der Herstellung von Blasbälgen gewidmet war. Sie war
die erste stabile Erzeugungsstätte dieser Art; das genannte Gewerbe
wurde vordem im Herumziehen" ausgeübt. Sein Sohn Joseph Schaller übernahm im Jahre 1840 die väterliche Werkstätte. In seinen Wanderjahren hatte er Gelegenheit, die Mängel der damals gebräuchlichen Blasbälge wahrzunehmen, und er war bedacht, eine neue Gebläseart zu konstruieren, welche weder das grosse Volumen, noch den schwerfälligen Mechanismus der bisherigen „Spitzblasbälge" aufweise, hauptsächlich aber transportabel sei. Die zu dieser Zeit zur Erbauung gelangten ersten Eisenbahnen in Oesterreich-Ungarn und andere, eine oftmalige Verlegung der Feuerstellen bedingende Unternehmungen fanden im „Zylinderb1asbalg", den Joseph Schaller im Jahre 1843 erfand, einen sehr willkommenen Arbeitsbehelf. Dem Fortschritt der Technik entsprechend, wurden wohl einzelne Konstruktionsdetails späterhin modernisiert, das System als solches blieb aber bis zum heutigen Tage unberührt erhalten. Joseph Schaller war der Begründer der fabrikmässigen Erzeugung dieses neuen Industrieartikels : er erhielt von der k. k. n.-ö. Statthalterei mit Dekret vom 6. September 1857, Z. 38507, das „Fabrikprivilegium", wurde im Jahre 1863 mit dem k. k. Hoftitel ausgezeichnet und erhielt im Jahre 1864 vom nied.-öst. Gewerbeverein in Wien die grosse silberne Vereinsmedaille für seine Erfindungen und Schaffung eines neuen Fabrikationszweiges zuerkannt. Ueber das sonstige industrielle Wirken Josef Schallers mögen folgende Anerkennungen berufener Faktoren zitiert werden : Ueber erhaltenen Auftrag des hohen k. k. Kriegsministeriums Udo. Wien, vom 18. Februar 1867, Abth. 7, Nr. 614, wird von der k. k. Artillerie-Arsenal-Direction amtlich bestätigt, dass die vom k. k. Hof-Blasebalg- und Armee-Feldschmiede-Fabrikanten Herrn Josef Schaller für die k. k. Armee gelieferten transportablen Schatullen-Feldschmieden wegen ihrer Leichtigkeit, Solidität und der dadurch rücksichtlich ihrer Fortbringung erzielten grossen Ersparung an Pferden und Fuhrwerken, sowie wegen ihrer vorzüglichen Brauchbarkeit und Preiswürdigkeit den Anforderungen der k. k. Armee und insbesondere der Artillerie im Frieden und im Kriege vollkommen entsprochen haben, und dass Herr Schaller die Lieferungen dieser mit grösster Pünktlichkeit und Vollkommenheit ausgeführten Feldschmieden jederzeit zur vollsten Zufriedenheit effektuiert hat Wien, den 19. Februar 1867. Von der k. k. Artillerie-Arsenal-Direction: C. BARON STEIN, FML., k. k. Arsenal-Director m. p. „Die mannigfachen Nachteile der Spitzblasbälge veranlassten Josef Schaller in Wien (geboren zu Wien, 27. September 1823, gestorben daselbst 19. Jänner 1889) schon im Jahre 1843 zur Erfindung von „cylinderförmigen Blasbälgen" für Schmiedefeuer, deren damalige Construction, in Fig. 4 dargestellt, auch privilegiert (österr.-ungar. Privilegium vom 21. April 1843) wurde, welcher später ebenfalls privilegierte Verbesserungen (österr.-ungar. Privilegien vom 10. August 1855 und 25. Jänner 1857) folgten. Der gute Erfolg dieser cylindrischen Blasbälge führte Schaller schon im Jahre 1850 in ihrer weiteren Anwendung zur Construction von besonders leichten „transportablen Feldschmieden" ; (österr.-ung. Privilegium vom 16. Dezember 1853), deren vorteilhafte, oft unentbehrliche Verwendung in der Industrie und in den Baugewerben bekannt ist und deren Ausgestaltung die „transportable Schatullen-Feldschmiede" (österr.-ungar. Privilegium vom 26. März 1859) ergab. |
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Sohnes die Firma im Jahre 1887 dem jüngeren Sohn Karl
Franz Schaller ab, welcher dem Fabrik-Etablissement seither als
Alleininhaber vorsteht. Trotzdem die Armee-Feldschmieden (welche, nebstbei bemerkt, bei der Payer-Weyprechtschen Nordpolexpedition im Jahre 1872 und bei der Afrikareise des Dr. Holub im Jahre 1882 verwendet wurden) während deren 35 jähriger Verwendungsdauer, 1853—1888, vollkommen entsprochen hatten, ging der neue Firmachef daran, dieselben derart auszugestalten, damit sie den durch das immer kompendiöser werdende Artillerie-Material bedingten steigenden Arbeitsanforderungen vollkommen entsprächen. Eine neuartige Armee-Schatullenfeldschmiede (keine losen Teile, gegen deren 14 beim ersten Modell vom Jahre 1866), sowie eine zusammenlegbare Gebirgsfeldschmiede wurden am 8. Juni 1889 durch Seine Majestät Kaiser Franz Joseph im Lager zu Brück a. L. unter Zuziehung des Erfinders einer eingehenden Besichtigung unterzogen und in Allerhöchstdessen Beisein alle vorkommenden feldmässigen Schmiedearbeiten vorgenommen. Mit Erlass des k. u. k. Reichskriegsministeriums, Abt. 7, Nr. 2839 vom 14. September 1890 (Verordnungsblatt für das k. u. k. Heer, 27. Stück vom 30. September 1890) wurden diese Erfindungen obligatorisch für Neubeschaffungen im k. u. k. Heere vorgeschrieben. Späterhin wurde durch entsprechende moderne Umarbeitung dieses Feldschmiedensystems durch die Schaller'schen Erfindungen M. 99, in neuester Zeit — siehe weiter unten — durch das M. 8 System (Ventilatorgebläse mit Fusshebelantrieb) für den gesamten Armee bedarf ersetzt, bezw. systemisiert (siehe Dienstbuch G-81). Im Jahre 1890 wurden die bis dahin aus Mauerwerk hergestellten, stabilen Feueressen durch die „transportablen eisernen Armee Essen, System Schaller M. 96A (B)a vorteilhaft ersetzt. Das k. u k. Reichskriegsministerium verfügte im Wege des k. u. k. Artillerie-Arsenales in Wien unter Nr. 2601 Z. vom 1. Juni 1892 deren Verwendung bei den Truppen und Anstalten des k. u. k. Heeres. Karl Franz Schaller erfand im Jahre 1903 in der nur 40 kg schweren „Gebirgs-Ventilatorschatullen-Feldschmiede" (gegenwärtig im k. u. k. Heere als „M. 8 kompl. Gebirgsfeldschmiede" System.) und in der gleich schweren „M. 8 kompl. Werkzeugkassette" einen ganz neuartigen Arbeitsbehelf, der es ermöglichte, eine komplette, sog. „fliegende Schmiedewerkstätte" bei der Truppe selbst stets zur Hand zu haben, bei welcher die dringlichen Hufeisen- und sonstigen Eisenbearbeitungen bewirkt werden konnten, ohne erst auf das Eintreffen der zumeist stundenweit von der Truppe entfernten, im Rüstwagen des Truppentrains untergebrachten Feldschmiede warten zu müssen. Die Fortschaffung erfolgt auf dem gleichfalls von K. F. Schaller im Jahre 1904 erfundenen „verstellbaren Packsattel" (in der gesamten k. u. k. bewaffneten Macht als M. 7 kompl. Packsattel" normiert). Dieser sogenannte „Schallersattel" war der erste aller bis dahin bekannten Packsättel, mit dem 85 kg schwere Packlasten (inklusive der kompletten Tragtierbeschirrung 110—115 kg) in allen Gangarten — Galopp auf längere Strecken, Nehmen von Hindernissen bis l.60m Höhe — rasch und unabhängig von den Kommunikationswegen fortgeschaft werden konnten. Das .Feldschmiede- und Werkzeug-Packpferd" wird vom berittenen Koppelführer geführt und macht alle Bewegungen der Truppe mit. Die vorbeschriebenen Erfindungen fanden zum ersten Male kriegsmässige Verwendung im Russ.-Japan. Feldzug im Jahre 1904 und wurden späterhin in vielen Auslandsund Ueberseestaaten eingeführt. Nachstehend folgt ein Gutachten des Kommandos der kais. russ. Kavallerie-Offizier&schule zu Krasnoe-Selo Nr. 2554 ddo. 28. Mai 1904: „Vorliegender Schmiede müsse der Vorzug zuerkannt werden, dass sie bei allen Gangarten ruhig, in einer das Rütteln ausschliessenden Weise aufliege, das Pferd nicht beunruhige und das Gleichgewicht nicht verliere; jedenfalls sei dies die beste, der Schule bekannte aufpackbare Feldschmiede und entspreche vollkommen ihrem Zwecke. Bei einem am 26. Mai 1904 ausgeführten Dauermarsch von 60 Werst (64 Kilometer) ging ein sibirisches Pferd anstandslos, leicht und ohne Zwischenfall unter dieser Schmiede. Gez. General BROUSSILOFF m. p." Der Hauptwert des Schallersattels, welcher auch zum Transporte von Kochkisten, Telegraphen-, Telephon-, Sanitätsmaterial, drahtloser Telegraphie, Sprengmitteln und sonstigem Kriegsmaterial in den verschiedensten Armeen Verwendung findet, wurde jedoch darin gefunden, dass er zur Lösung der Transportfrage der öst. -ung. Maschinengewehre Schwarzlose M. 7, welche keinen weiteren Aufschub mehr zuliess, ausschlaggebend beitrug. Die Entscheidung: „fahrbar oder tragbar?" fiel zugunsten des tragbaren Systems mit dem Schallersattel M. 7 aus. Der Schallersattel, der nur in einer Grössengattung — diese für alle Tragtiergrössen gleich gut passend - hergestellt wird, ermöglichte nicht nur eine einheitliche Beschirrung aller Infanterie- und Kavallerie-Maschinengewehr-Abteilungen, sondern machte die Aufstellung der berittenen Formationen überhaupt erst mög1ich. Es ist unbestritten, dass die öst.-ung. Kavallerie-Maschinengewehr-Abteilungen in ihrer jetzigen Organisation vorbildlich für die Auslandsstaaten sind. Die vordem und bei allen anderen Packsattelarten—welche nur Schrittgangart zulassen—vielfach auftretenden Sattel-und Gurtendrücke, die unter Umständen schwer ins Kalkül fallen, haben seit Verwendung des Schallersattels gänzlich aufgehört. Die öst.-ung. Dienstbücher C-10, a und C-10, b (Vorschrift über Packung und Beschirrung für Infanterie-[Kavallerie-] Maschinengewehr-Abteilungen) besagen unter anderem folgendes: „Die Hauptbedingungen für einen guten Packsattel sind : Schwerpunkt der aufgepackten Last möglichst nahe dem Rücken des Tragtieres und stabile Lagerung der Last, um die das Tragtier ermüdenden Schwankungen derselben zu verhindern. Die Tragkraft wird durch die Art und Weise der Packung im hohen Masse beeinflusst. Die beste Ausnützung erreicht man, wenn die Traglast auf beiden Seiten des Tragtieres verteilt wird und der Schwerpunkt dieser Seitenpackungen unterhalb der Stege des Packsattels zu liegen kommt. Diesen Anforderungen wird durch die Konstruktion des Packsattels M. 7 entsprochen. Er gestattet durch seine Packvorrichtungen und durch die Verstellbarkeit der Tragschienen eine richtige stabile Lagerung der Last möglichst nahe dem Tragtierrücken. Der Packsattel M. 7 ist als Einheitssattel konstruiert, das heisst ein und derselbe Sattel gestattet infolge seiner Packvorrichtungen das Aufpacken von Gewehr, Gestell, Munition oder Schutzschilden." Die öst.-ung. Dienstbücher C-10, a und C-10, b (Vorschrift über Packung und Beschirrung für Infanterie-[Kavallerie-] Maschinengewehr-Abteilungen) besagen unter anderem folgendes: „Die Hauptbedingungen für einen guten Packsattel sind : Schwerpunkt der aufgepackten Last möglichst nahe dem Rücken des Tragtieres und stabile Lagerung der Last, um die das Tragtier ermüdenden Schwankungen derselben zu verhindern. Die Tragkraft wird durch die Art und Weise der Packung im hohen Masse beeinflusst. Die beste Ausnützung erreicht man, wenn die Traglast auf beiden Seiten des Tragtieres verteilt wird und der Schwerpunkt dieser Seitenpackungen unterhalb der Stege des Packsattels zu liegen kommt. |
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Nachstehend seien einige
Leistungen aufgezählt, die durch Verwendung des Schallersattels
möglich wurden: „Uebersetzen von 1.60 in hohen Hindernissen mit kriegsmässig bepackten Tragpferden, Ueberspringen breiter Gräben, Klettern über sehr steile Hänge, höchste Leistung 117.5 km in 28 Stunden ununterbrochener Inanspruchnahme, Distanzmarsch 67'4 km in 11 Stunden, Marsch Stockerau—Brück a. L. 270 km, bei den grösseren Manövern in Westungarn im Herbste 1908: Gesamtleistung 812*6 km, wobei niemals ein Gurten- oder Satteldruck beobachtet wurde " (Fernere Details in Rittmeister Heinrich Viktorins Buch „Persönliche Erfahrungen über Kavallerie-Maschinengewehr-Abteilungen", Wien 1911.) Der Transport der Maschinengewehre auf Schallersätteln wird unter anderen in folgenden Fachstudien und Militär-Zeitschriften eingehend besprochen: „Das Maschinengewehr", Studie von Oberleutnant Franz Binder, Budapest 1907. Streffleurs „Militärische Zeitschrift", Wien, Jänner 1908. „Das neue Maschinengewehr M. 7, System Schwarzlose", von A. Korzen, k. u. k. Artillerie-Oberingenieur, Wien 1908. „Kavalleristische Monatshefte", November 1910. „Das Maschinengewehr im Russisch-Japanischen Krieg und persönliche Erfahrungen über Kavallerie-Maschinengewehr-Abteilungen" von Rittmeister Heinrich Viktorin, Wien 1911. „Raid einer k. k. Landwehr-Kavalleriebrigade", von Rittmeister Heinrich Viktorin, „Vedette" vom 12. Mai 1909. „Fahrbare oder tragbare Kavallerie-Maschinengewehre", von Rittmeister Heinrich Viktorin, „Kavallerie-Monatshefte" Nov. 1910. „La Presse Militaire", Paris 13. April 1910. „Revue Militaire des Armees Etrangeres" Nr. 1009, Dezember 1911. „Le Journal des Sciences Militaires" Nr. 80, 15. April 1911. ,,v. Löbells Jahresberichte über das Heer- und Kriegswesen", Berlin 1909. „Die neuesten Maschinengewehre, Fortschritte und Streitfragen", von A. Fleck, Major, Berlin 1910 und 1912. „Vierteljahrshefte für Truppenführung und Heereskunde", herausgegeben vom Grossen Generalstabe, 4. Heft, Berlin lüil. „The Cavalry Journal", Vol VI. Nr. 22, April 1911, London. „Buletinul Armatei Si Marin ei", Bucarest, Publicatiunea Nr. 3, 1908. Die Schallerschen Armeefeldschmieden, Packsättel und Tragtierausrüstungen stehen ausser in der gesamten k.u.k. bewaffneten Macht bei folgenden Auslands- und Uebersee-Staaten in Verwendung : Albanien, Belgien, Deutschland, Griechenland, Montenegro, Rumänien, Russland, Schweden, Serbien, Spanien, Türkei. Britiseli-Indien, China, Holländische Kolonialarm.ee, Japan. Abessinien, Aegypten, Cap der guten Hoffnung, Natal, Transvaal. Brasilien, Canada, Chile, Costa Rica, Vereinigte Staaten von Kolumbien, Vereinigte Staaten von Nordamerika. New South Wales Lancers Regt. Sydney. Die Formierungen von Maschinengewehrabteilungen (Maschinengewehr M. 7 System Schwarzlose mit Tragtierausrüstung System Schaller M. 7) wurden mit Allerhöchster Entschliessung vom 26. Dezember 1907 (Verordnungsblatt für das k. u k. Heer 1. Stück vom 8. Jänner 1908), genehmigt. Am 1. Juni 1908 wurden die ersten öst.-ung. Maschinengewehrabteilungen anlässlich der Frühjahrsparade auf der Schmelz von Seiner Majestät Kaiser Franz Joseph I. besichtigt. |
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Verliehene Auszeichnungen |
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An JOSEF SCHALLER senior: Goldenes
Verdienstkreuz mit der Krone (1864) Ritterkreuz des kais. mexik. Guadalupe-Ordens (1866) Allern. Anerkennung Sr. Majestät d. Kaisers Franz Joseph I. (1867) Kais. russ. Gold. Medaille am Bande d.Stanislaus-Ord. II. Kl. (1867)
An kais. Rat KARL FRANZ SCHALLER: Goldenes
Verdienstkreuz mit der Krone (1894) |
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