Festungskommandobefehl Przemysl, 18. März 1915.

 

Meine Soldaten!

 
      Ein volles halbes Jahr ist es nun her, daß wir, Kinder fast aller Nationen unseres heißgeliebten Vaterlandes, Schulter an Schulter ununterbrochen vor dem Feinde stehen.
     Mit Gotteshilfe und Dank Eurer tapferen Hingebung gelang es mir, unsere Festung trotz der schweren feindlichen Stürme, trotz Kälte und Entbehrung, gegen jeden Angriff des erbitterten, rücksichtslosen Feindes zu halten. Vertrauensvoll seid Ihr meiner Führung gefolgt, Ihr habt allen Gefahren und unendlichen Mühsalen Trotz geboten. Ihr habt Euch schon bisher in reichem Maße die Anerkennung unseres Allerhöchsten Kriegsherrn, den Dank des Vaterlandes, ja die Achtung des Gegners errungen. Tausende treuer Herzen schlagen in Sorge um Euch dort im teuren Vaterlande, Millionen horchen mit verhaltenem Atem auf jede Nachricht, die von Euch nach Hause dringt.
      Noch einmal - meine Braven - bin ich gezwungen, das Höchste von Euch zu fordern. Die Ehre unseres Vaterlandes und unserer Armee gebieten es. Folgt mir noch einmal in altbewährter Treue, was da auch kommen mag, und flechtet in den Lorbeerkranz, den Euch der Dank des Vaterlandes um die Stirne gewunden, das letzte, das schönste Blatt.
     Ich führe Euch hinaus aus dem eisernen Ring des Feindes, um unsere Festung mit stählerner Faust zu zertrümmern und dann mit unwiderstehlicher Kraft immer weiter und weiter zu dringen, bis dorthin, wo wir unsere Armee erreichen, die in schweren Kämpfen schon nahe an uns vorgedrungen ist. Wir stehen vor einem schweren Kampfe, denn der Feind wird seine sicher gewähnte Beute zähe festhalten wollen. Doch er soll die Besatzung von Przemysl erst jetzt kennen lernen. Jeder von Euch muß nur von dem einzigen Gedanken beseelt sein: Vorwärts, rücksichtslos Vorwärts! Alles, was sich uns in den Weg stellt, muß niedergerannt werden.
     Soldaten! Unsere letzten Vorräte sind ausgegeben. Unseres Vaterlandes und jedes einzelnen Ehre verbietet es, daß wir nach so langen, schweren, doch ehrenvollen und siegreichen Kämpfen, dem Feinde gleich einer willenlosen Masse in die Hände fallen.
     Meine braven Soldaten! Wir müssen durch! Und wir werden es auch!
 

 Kusmanek.. G. d. I.

 

 

 

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