K.u.k. Festungkommando in Przemysl.
Res. Nr. 8231

Raschheit im Strafverfahren
Kriegsnotwehrrecht.

 
An
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in
 

Przemysl, am 9. September 1914.

 
     Das k.u.k. K.Ü.A. hat unter K.Ü.A. 2647 vom 27./8. 1914 mitgeteilt:
     „ Der Ernst der Lage und verschiedene äusserst bedenkliche Vorkommnisse in den Grenzgebieten aus der letzten Zeit, von einzelnen Stellen bereits geäusserte Befürchtungen für die Sicherheit des Rückens der Armee bei weiterem Vorschreiten der Operationen fordern unbedingt, dass durch ein rasches und strenges Einschreiten aller weiteren solchen Umtrieben sofort ein Ziel gesetzt, durch einige abschreckende Exempel allen weiteren, den Staat gefährdenden oder schädigenden Handlungen ein Riegel vorgeschoben werde.“
     Das Festungskommando hat daher die unterstehenden Gerichte angwiesen, mit allen Mitteln dahin zu wirken, dass nirgends die unbedingt nötige Raschheit. Entschiedenheit und Strenge fehle, um den gefährlichen Elementen baldigst durch die strenge Bestrafung Schuldiger den Ernst der Strafverfolgung und die schweren Folgen staatsgefährlicher Verbrechen vor Augen zu führen.
     Ein solches rasches und strenges Verfahren lässt sich jedoch nur durchführen, wenn alle an einem Strafverfahren /:Standrechte:/ teilnehmenden MilPersonen mit dem vollen Einsatze ihrer Person an die Erledigung mitwirken und sich nur von dem einen Grundsatze leiten lassen, dass unangebrachte Gefühlsregung und Humanität gegenüber zweifelhaften Elementen dem Staate nur zum Schaden gereichen, daher unbedingt auszuschalten sind.
     Hier schadet ein Fehlgreifen in der Wahl des Entschlusse weniger als Zaudern oder Unterlassen.
      Namentlich in gravierenden fällen ist das Verfahren mit allen Mitteln zu beschleunigen. Der Strafvollzug muss ungesäumt erfolgen und sogleich öffentlich bekannt gemacht werden.
     Mit der eingangzitierten Mitteilung hat das EOK. unter Nr. 913 vom 31./8.1914 aufmerksam gemacht, dass es Pflicht aller Kommandanten ist, strengstens vorzugehen u. dass die Truppen bei feindseliger Haltung der Ortsbewohner von dem oft dringend gebotenen Kriegsnotwehrrechte ohne Intervention eines Richters kurzwegs auf Grund der militärischen Kommandogewalt unnachsichtig Gebrauch zu machen haben.
     Solche feindselige Haltung können die Ortsbewohner bekunden durch:
     Anschläge gegen Bahnen, Wasserleitungen, Brücken, Munitionsmagazine, MilDepots aller Art,
      Abschneiden von Telegraphen- /:Telephon/ drähten, Spannen von Seilen gegen Autos, Brunnenvergiftung, Verrat von Befestigungsanlagen und ihrer Verteidigungsmittel, Verrat durch Glockenläuten, Licht– und Rauchsignale, sonstige Zeichen, durch Treiben von Vieh in von eigenen Truppen innehabende Positionen etc.
      Die von allen Truppen gegen solche feindliche Handlungen anzuwendende Kriegsnotwehr kann sich erstrecken auf:
     1./ Niedermachung der an Ort und Stelle Ertappten,
     2./ Aushebung von Geiseln und deren Niedermachung, wenn sich die strafbaren Handlungen, zu deren Verhinderung sie ausgehoben wurden, wiederholen,
     3./ Dezimieren der Ortsbewohner,
     4./ Niederbrennen der Ortschaften.
In den Fällen 3 und 4 ist innerhalb des Festungsbereiches vorher die Genehmigung des Festungskomdos einzuholen.
     Dieser Befehl ergeht an alle Kommanden, Behörden, Truppen und Anstalten des Festungsbereiches.
     Die Kommandanten, Vorstände etc. haben diese Anordnungen in ihrem Befehlsbereiche publizieren und erläutern zu lassen.
     Eine Abschrift dieser Anordnungen wird auch der hiesigen Bezirkshauptmannschaft mit der Weisung übermittelt, die schärfste Handhabung derselben, sämtlichen Bewachungsorganen zu Pflicht zu machen und die Zivilbevölkerung im eigenen Interesse eindringlichst aufzufordern, auch das mindest Verdächtige zu vermeiden, da die Betreffenden sonst ihr Leben aufs Spiel setzen und sich die Folgen ihrer Handlungsweise selbst zuschreiben müssten.
 

Kusmanek

 
 

 
 

 

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